Zur Herstellung von hundert Liter Bier braucht die Brauerei Baar AG gut 30 kWh Wärmeenergie. Der anspruchsvolle Produktionsprozess machte den Wechsel zu einer neuen Wärmeproduktion technisch höchst herausfordernd. Dass diese heute komplett klimafreundlich erfolgt, ist einer gut durchdachten Planung und nicht zuletzt auch der «Klimaprämie» zu verdanken.
Macht es für die Brauerei Baar Sinn, den alten Heizöl-Kessel wieder durch einen solchen zu ersetzen? – Nein, fand die Geschäftsleitung. Heute sei ein neuer Öl-Brenner nicht mehr die Lösung für die Zukunft. Der hohe Energiebedarf im Betrieb war durch die Anpassung der Prozesse – namentlich durch Einsparungen im Sudhaus und in der Flaschenreinigung – bereits deutlich gesenkt worden. Früher hatte man auch für Produktionsschritte, die im Prinzip deutlich weniger Hitze erfordern, konstant die Maximaltemperatur bereitgestellt. Heute jedoch wird diese nur noch für die wenigen tatsächlich erforderlichen Stunden geliefert. Zusätzlich wurde eine grössere Oberfläche beim Wärmetauscher geschaffen, um mit deutlich weniger Energie in gleicher Zeit die Flüssigkeit in der Sudpfanne aufzuheizen. Der Energieverbrauch pro Hektoliter Bier liegt so heute im Vergleich zu Ende der 90er Jahre bei nur knapp 20%!
Die moderne Sudpfanne.
Durch die optimierten Prozesse war klar, dass künftig ein kleinerer Kessel ausreichen würde. Der alte Öl-Kessel der Brauerei Baar hatte eine Leistung von einem Megawatt. Er lieferte im On-Off-Modus punktuell die nachgefragte Wärme für die Bier-Produktion.
Ein neuer Heizkessel würde wieder gegen 20 Jahre in Betrieb sein. Sollen wir also weiterhin in fossile Energie investieren? Wir fanden: Nein, das ist nicht die Zukunft.
Urs Rüegg, Braumeister
Der Entscheid für die neue Lösung war ein langer, wohl überlegter Prozess. Die familiengeführte Brauerei müsste auch bei einem 1:1 Ersatz, also einem neuen Öl-Kessel, eine grosse Investition tätigen. Das erforderte grosse Sorgfalt in der Planung. Die Wärmepumpen-Lösungen erschienen den Verantwortlichen noch zu wenig erprobt, deshalb wollte man auf Holz als Brennstoff setzen. «Wenn wir auf eine Holzfeuerung setzen, muss diese den ganzen Bedarf abdecken. Ein zusätzlicher Öl-Kessel für die Spitzenlasten hätte unserem Anspruch nicht genügt», hält Braumeister Urs Rüegg fest, der das Projekt verantwortet hat. Andere Herausforderungen wie die Brennstoff-Lagerung (zwei der zehn Getreidesilos werden heute als Pellets-Lager genutzt) waren ebenfalls Ansporn statt Bremse.
Die neue Wärmeproduktion hat zudem andere Eigenschaften: Eine Holzfeuerung ist eine trägere Energielieferantin als ein Öl-Kessel. Das gewählte Modell hat nun eine Leistung von 450 Kilowatt und damit nicht einmal eine halb so grosse Leistung wie die alte Öl-Feuerung. Um die nötige Wärmemenge bereitstellen zu können, läuft der Holzofen während der Produktion durchgehend, die Bedarfs-Spitzen werden über einen Wärmespeicher ausgeglichen. So war der Umstieg von «fossil» auf «erneuerbar» technisch möglich.
Die neue Heizzentrale.
Auf dem Gelände der Brauerei Baar befinden sich neben dem Produktionsbetrieb zusätzlich ein Restaurant und vier Wohnungen. «Die Kombination der Prozess- und Komfortwärme-Nachfrage macht es uns im Winter einfacher», berichtet Urs Rüegg. «Peaks lassen sich so ausgleichen, die Anwohnenden tragen das neue System mit und finden es gut.» Nach einem Jahr Betrieb sei man überzeugt, dass eine weitere Effizienz-Steigerung um 15% aus dem Systemwechsel resultieren werde. Dieser Spareffekt zusammen mit dem Fördergeld von knapp 200’000 Franken machen das Projekt finanziell attraktiv.
Die Bier-Produktion mussten wir gerade mal für einen Monat unterbrechen. Als wir den alten Öl-Kessel ausser Betrieb nahmen, waren wir schon etwas angespannt. Es funktionierte aber von Anfang an gut!
Urs Rüegg, Braumeister
Der Wechsel auf das erneuerbare Heizsystem, für das sich die Brauerei Baar AG entschieden hat, ist sogar für eine künftige technologische Anpassung ausgelegt. Es ist möglich, am Ende der Lebensdauer des Heizkessels auf Wärmepumpen umzusteigen. «Brauereien mit einem grossen Energiebedarf für die Produktion im Sommer sind prädestiniert für den Einsatz von Wärmepumpen, wenn grosse Mengen an Solarstrom zur Verfügung stehen», ist Urs Rüegg überzeugt. Ob die Technologie bis 2040 genug erprobt ist, wird sich weisen. Für die umgesetzte Lösung wurde die Brauerei Baar 2024 beim «European Beer Star» mit dem Innovations-Award ausgezeichnet.
Die Klimaprämie ermöglicht die schweizweit höchsten Förderbeträge für grosse erneuerbare Heizungen.